Calabar, Nigeria, 12.11.2012

Der Student gab uns den Rat, mit der Fähre von Calabar nach Douala zu fahren, vielleicht bekommen wir ein Transitvisum für Nigeria. Ich überlegte alle Varianten, eine davon mindestens fünf Tage ohne Regen und viel Sonnenschein für eine Weiterfahrt nach Mamfe, das Risiko für das Auto zu Schaden zu kommen noch immer sehr groß. Aber wir hatten offiziell keine Möglichkeit zurück nach Nigeria. Zweite Variante, neues Visum in einer Stadt in Kamerun, die ca. 240 km und fünf Fahrstunden von Ekok entfernt ist und nur mit dem Motorbike durch den Quatsch erreichbar ist. Nächsten Tag dann nach Ekok zurück, Ausreise aus Kamerun, neues Visum für Kamerun dann in Abuja beschaffen und dann die Tour mit dem Schiff nach Douala machen. Macht mindestens fünf Tage Zeitverlust und wir sollten bereits am 19.11. in den Kongo einreisen. So harrten wir bis Montag früh, in der Hoffnung jene Variante zu meistern, die für mich die einzige Chance bot in realistischer Zeit wieder nach Kamerun weiter in den Süden zu reisen. Inoffiziell aus Kamerun raus, wir hatten ja bereits die Einreiseformalitäten und alle Stempel im Pass erledigt, inoffizielle Einreise nach Nigeria um nach Calabar zu kommen und dort auf das Schiff zu gelangen. Dann wieder inoffiziell in Kamerun einzureisen und den Grenzposten ohne nochmaligem Stempel zu passieren. Ich versuchte drei Etappen gedanklich für uns festzulegen. Erste Etappe, raus aus Kamerun ohne Ausreisestempel, wir wollten ja kein neues Visum für Kamerun beantragen und Wiedereinreise in Nigeria nun ohne Visum. Zweite Etappe, nach Calabar zu fahren und alle Straßenkontrollen zu meistern., auf das Schiff zu gelangen ohne dass die nigerianischen Grenzposten uns aufhalten oder zurückschicken. Dritte Etappe mit dem Schiff nach Douala zu kommen und dann auch noch in Kamerun wieder die Einreise zu schaffen.

Am Montag um 8 Uhr, Augustin lauerte bereits vor dem Hotel, die Wetteraussichten weiterhin schlecht. Wir fuhren zum kamerunischen Posten, beschwichtigten ihn, wir wollen nur den nigerianischen Posten etwas fragen. Somit gelangten wir ohne Ausreisestempel bis zum kamerunische Grenzgatter. Wir marschierten über die Brücke nach Nigeria, nun empfing uns ein Mann der uns zum Boss des Customers ca. 500 m in sein Büro führte. Nach einigen Diskussionen wurden wir zum Boss vorgelassen, dieser belehrte uns über die mir bereits bekannte offizielle Version, an dieser führt kein Weg vorbei. Niedergeschlagen und demoralisiert gingen wir wieder in Begleitung des Mannes zum Grenzgatter zurück. Knapp vor der Brücke klingelte sein Handy. Nach Gesprächsende meinte er wir sollen nochmals zum Boss zurück kommen.

Ein Hoffnungsschimmer am Horizont, gespannt betraten wir das Büro vom Boss. Nun seine Frage, was wären wir bereit an Fies zu zahlen, er könne uns doch nach Calabar bringen, es müsse uns bewusst sein, es könne ihn seinen Job kosten, aber für ein Money von 40000 Neira (200 Euro) riskiert er es. Ich kalkulierte, ca. 200-300 Euro die Fähre, insgesamt ca. 500 Euro ist es auf alle Fälle wert, das Risiko einzugehen um mit der Fähre nach Kamerun zu gelangen.

Um 12 oder 13 Uhr sollen wir auf ihn warten, er begleitet uns bis zum Schiff. Erleichtert und voller Hoffnung bald die erste Etappe geschafft zu haben, gelang es auch unserem Mann das Grenzgatter auf kamerunischer Seite zu öffnen und uns ohne Ausreisestempel das Auto auf nigerianischen Boden zu bringen.

Knapp nach 14 Uhr dann endlich erschien er mit Koffer und in Begleitung einer Frau. In drei bis vier Stunden sollten wir in Calabar sein, er dirigierte uns vor Ort direkt ins Headquater vom Customer  Service zum Big Boss.  Ein Mann nun ohne Uniform, sichtlich in ziviler nigerianischer Kleidung mit Kappe empfing uns. Sehr höflich sprach er uns nun offiziell als freie „Touristen“ aus, allerdings die inzwischen ermittelten Schiffskosten verschlugen mir den Atem. 200000 Neira, 1000 Euro würde es kosten und bald wurde mir bewusst, da gibt es nichts mehr zu verhandeln. Na ja, auf diesen Schrecken hatten wir gleich um Erlaubnis gebeten, auf dem Gelände campieren zu dürfen, nächsten morgen wieder zum Big Boss, ich erklärte mich nun mit der Summe einverstanden.

Gegen 11 Uhr fuhren wir dann in Begleitung zum Hafen, keine direkte Fähranlegestelle, bloß ein ausrangiertes norwegisches Fährschiff wurde bereits eifrig mit Menschenkraft entladen. Mit einem Kran sollte mein Auto, erst spät in der Nacht nach fertiger Beladung der nigerianischen Fracht über die Reeling gehoben werden.

Abfahrt 1 oder 2 Uhr in der Nacht, aber am Nachmittag war klar, erst morgen frühestens um 7 Uhr wird abgefahren. Während dieser Wartezeit wurden wir zumindest sechsmal zur Kontrolle zu verschiedenen Stellen gerufen, mir wurde klar, die Sache sei keineswegs ausgestanden. Heftige Diskussionen dann am Morgen, kein Kranwagen, das Schiff würde mit dem Bug zur Kaimauer fahren, seine Ladeklappe öffnen, so dass ich auf das Schiff gelangen würde. Ein Zittern während der ganzen Nacht, ich hatte die 1000 Euro bereits am Abend beglichen, was würde nun geschehen. Inzwischen beobachteten wir das Treiben im Hafen und die Beladung der Fähre. Unmenschliches wurde geschleppt, es ist schrecklich mit ansehen zu müssen, wie sehr selbst das afrikanische Volk seine Mitmenschen ausbeutet und noch in der jetzigen Zeit versklavt. Es war 5 Uhr am Morgen und unsere Begleitperson war wieder zur Stelle. Er hatte noch nicht sein Money von 200 Euro bekommen, so hatten wir wenigstens noch Hoffnung, sicher auf  das Schiff zu kommen. Nun waren alle Passagiere am Schiff, die Flut fast beendet und das Schiff legte ab um mit dem Bug anzulegen. Der Trubel im Hafen legte sich keineswegs, erneut wurden lautstarke Diskussionen wegen unserer Ausreise geführt. Nochmalige Kontrolle der Papiere, das Schiff legte inzwischen an, die Auffahrt war bereit, das Carnet de Passage wurde mir zum Kopieren nochmals entrissen. Ich rannte hinterher, doch dann kam die Aufforderung ich soll sofort mit dem Auto an der aufgebrachten Menschenmenge vorbei über ein paar Bretter aufs Schiff fahren. Keine Probleme für mich, schnell war ich mit meinem Auto am Schiff, sofort ging unter Applaus der Schiffsbesatzung die Ladeklappe zu. Ich schrie um mein Carnet, das mir nun im Laufschritt gebracht wurde, ganz knapp bevor die Klappe komplett geschlossen war. Endlich waren wir auf See und wurden vom Schiffspersonal in die First Class in Sicherheit gebracht.  Im klimatisierten Raum wurden wir mit einem Frühstück überrascht, erleichtert nach diesen Strapazen und Aufregungen hatten wir auch die zweite Etappe geschafft.

Ikom, St. Peters Mission, 9.11.2012

Wie üblich brachen wir nach unserem Kaffee auf. Es war erst gegen 8 Uhr und wir hatten fast 320 km vor uns. Die Fahrt ging auf halbwegs guter Straße zuerst sehr zügig voran.  Doch ca. 80 km vor unserem Ziel dann einige Aufregung, einige Autos kamen uns schon entgegen und deuteten wir sollten zurückfahren. Angelangt bei dem Stau, wir sahen ja bereits von weitem die vielen LKW, erblickte ich den Grund und das wahre Ausmaß des Staus. Ein Straßenstück von ca. 100 m war mit tiefen Schlamm und Furchen fast unpassierbar. Ein LKW steckte in Schräglage fest, ein anderer versuchte zu passieren, Chaos pur. Zum Glück fand ich an der Spitze der LKW Kolonne eine Lücke und war nun das zweite wartende Auto hinter einem LKW.

Wie durch ein Wunder hatte ein LKW von der gegenüber liegenden  Seite nun diese Stelle geschafft, nachdem ein anderer LKW zuerst die Straße wieder freigemacht hatte. Dann versuchte es der LKW vor mir und ich schloss mich sofort an. Durch mehr als einen halben Meter hohe Schlammmassen und Wasserlöcher fanden wir den Weg durch das Gewühl. Erleichtert diese Stelle doch so leicht geschafft zu haben hatten wir zwar noch weitere Stellen mit tiefen Schlaglöcher und Pfützen auf dem Weg nach Ikom zu passieren. Am Abend hatten wir ein kräftiges Gewitter und starken Regen, leider eben nicht gerade ein Zustand der uns die gefürchtete Strecke morgen zwischen Ikom und Mamfe entspannt angehen lässt.

Die Tage in Nigeria und speziell dieser Abend ging mit einer christlichen Disco in unserem Quartier sehr lautstark zu Ende, keine Chance einzuschlafen, aber nun  Zeit um die Tagesberichte nachzuholen.

Abuja, Nigeria, 7.11.2012

Die Fahrt nach Abuja verlief so wie am Vortag. Keine Leistung aber wenigstens fahrbereit erreichten wir am Nachmittag kurz nach 16 Uhr das Hotel Sheraton. Ein wirklich sehr hilfsbereiter  Mann vom Helpdesk vermittelte uns zuerst den Schlafplatz und auch für den nächsten Tag einen Mechaniker. Erleichtert genossen wir das Hotelflair, gingen schwimmen und im Fitness Center auch duschen. Die Freude währte nur kurz, denn um 2500 Neira pro Person sei keine Schwimmbadbenützung enthalten. Auch Duschen sollten wir in den Keller vom Squash Center gehen. Aber schon das Gefühl endlich wieder einmal unter einer heißen Dusche zu stehen und nicht mit einem Eimer sich das Wasser über den Körper zu schütten war riesig.

Kurz nach 8 Uhr am nächsten Morgen war ich nach einem selbst zubereitenden Frühstück (Strom hatten wir ja im Squash Center) in einer romantischen mit Hütchen ausgestatteten Platz wieder am Helpdesk des Hotels. Dem Mann hinter dem Pult erklärte ich die Sachlagemit meinem Auto, dann rief er den Mechaniker an, der kurze Zeit später kam. Dieser meinte nach einem kurzen Check vom Auto, alles sei klar, der Tank müsse ausgebaut und alles gereinigt werden, dann sollte das Auto wieder OK sein.

Wir fuhren zweimal um die Ecke und gelangten auf einem eher wie eine Müllhalde ausschauenden Parkplatz, den auch die Autobusse zum Einsteigen von Passagieren nutzten. Mit einigem Schrecken ließen wir unser Auto inmitten von Unrat stehen, aber dieser Platz war für die Mechaniker eben die Werkstätte und sie fingen an, das Auto zu zerlegen bzw. den Tank auszubauen. Bis zu Mittag des nächsten Tages sollte nun das Auto fertig sein, aber auch die Dieselpumpe musste getauscht werden, so verzögerte sich das Ende der Reparatur wie üblich in Afrika auf 15 Uhr. Nach einer Probefahrt und einem guten Gefühl, wieder ein funktionierendes Auto zu haben verbrachten wir eine weitere Nacht auf diesem Parkplatz.

Jebba, Nigeria, 4.11.2012

Am Morgen Frühstückten wir noch bei Chez Monique, kurz nach 8 Uhr 30 brachen wir dann Richtung Nigeria auf. Leider hatten wir zwar einige Tankstellen am Weg passiert aber keine hatte mehr Diesel. So fuhren wir Richtung Grenze und erreichten sie bereits kurz nach 11Uhr. Ein Polizeiposten schickte uns zwar noch einmal nach Ketou zurück, aber als wir beim zweiten Mal wieder ohne Stempel im Pass vorbeikamen ließ er uns ungeprüft im Glauben wir hätten nun ja die Stempel weiterfahren. An der Grenze zu Nigeria hatten wir Glück, ein hilfsbereiter nigerianischer Grenzposten brachte uns zuerst zum Polizeiposten von Benin, wo wir sehr rasch unsere Ausreisestempel bekamen. Dann ging es in die Pampa zu dem Nigerianischen Polizeiposten und dem Customer. Alle waren sehr freundlich und bemüht uns zu helfen, die erforderlichen Kopien kosteten zwar 3000 CFA (mangels kleiner Scheine gab man sich auch mit 2650 CFA zufrieden).

So einfach hatte ich mir den Grenzübertritt nicht vorgestellt, aber kurz nach der Grenze dann ca. alle wenige km die nervigen Kontrollen von Customer, Health und Polizei. Nach dem 6. Posten gaben wir das Zählen auf, aber trotzallem waren die meisten sehr freundlich. Dann endlich auch eine Tankstelle, welche nach der Frage nach Diesel nicht verneinte. Ich war zwar gewitzigt, als er mich zu der Zapfsäule mit Kerosin lotste, aber er sagte, ja, das ist Diesel. So tankte ich 60 Liter, natürlich auch zu einem Preis von Diesel, leider stellte sich am nächsten Tag heraus, es sollte doch Kerosin gewesen sein.

Der nächste Tag versprach eine weite Strecke, fast über 320 km wollten wir zurück legen. Aber nach dem ersten wirklichen Straßenanstieg dann der Schrecken, schon kurz vorher fiel mir ein Ruckeln des Motors auf, was sich leider nun massiv wiederholte. Keine Power, heftiger blauer Rauch aus dem Auspuff, keine Leistung, knapp an einer Totalpanne vorbeigeschrammt. Bald hatte ich nun die Gewissheit, keinen Diesel  sondern eben Kerosin hatte der Tankwart (und damit mindestens wieder einmal 40 Euro ergaunert) mir zu einem Preis vom Diesel verkauft.

Zum Glück konnten wir die Fahrt mit verminderter Leistung zwar fortsetzen und sind nach einer  abenteuerlichen Fahrt in Jebba gelandet. Die Piste bis Jebba war dabei in einem nicht zu beschreibenden Zustand, die dadurch verursachten LKW Unfälle führten zu einem ungeheuerlichen Stau von mehreren km. Abenteuerliche Umwege durch den Busch mit ebenfalls stecken gebliebenen LKW’s und waghalsige Überholmanöver dies und jenseits der Straße ließen uns mit Glück diesen Megastau dann bald vergessen. Die weitere Fahrt war durch jede Menge havarierter oder eben Totalschäden von LKW gesäumt, geschafft sind wir kurz nach 15 Uhr 30 in Jebba angekommen.